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Warum ein Lastenheft erstellen?

Für mich ist das Lastenheft die Beschreibung der Anforderungen an eine QMS-Software.

Ein Lastenheft sollte vor allem belastbar sein. 

Jeder Leser sollte in der Lage sein, ohne Rückfragen zu verstehen was gefordert ist. Ein Lieferant muss in die Lage versetzt werden hierauf ein erstes Angebot erstellen zu können.

Ein Lastenheft muss auch nach innen wirken!

Ein Lastenheft sollte in zwei Richtungen wirken, nach außen und nach innen.

Nach außen ist klar, Sie wollen damit den geeigneten Lieferanten, bzw. die geeignete Software finden.

Aber nach innen, warum das? Klingt komisch, ist aber einfach zu erklären. Mir ist die Innenwirkung fast noch wichtiger!

Warum soll ein Lastenheft auch nach innen wirken?

Eine regelmäßige Erkenntnis aus den Digitalisierungsprojekten ist, dass spätestens bei den Schulungen der Anwender die ersten Zweifel, bzw. Kritiken an der Software kommen. Obwohl zu diesem Zeitpunkt eigentlich hätte klar sein müssen, was die Software leisten soll. Die Schulung der Anwender ist einer der letzten Milestones in einem Digitalisierungsprojekt!

Warum kommt es dann zu dieser Situation?

Nach meiner Erfahrung liegt das daran, dass vorher nicht mit allen „Betroffenen“ gesprochen wurde, nicht alle mit einbezogen wurden. Die Unternehmen haben einfach nicht daran gedacht, zudem war auch nicht allen klar, wer eigentlich später mit der Software arbeiten soll.

Wer sind denn eigentlich „Die Betroffenen“?

Die Betroffenen, oder besser die Beteiligten eines QMS-Softwareprojektes, sind fast alle MitarbeiterInnen Ihres Unternehmens. Siehe hierzu meinen Beitrag: Nicht nur QM-Mitarbeiter nutzen QMS-Software

Je nach Größe und Struktur Ihres Unternehmens ist es evtl. nicht möglich jede MitarbeiterIn in das Projekt zu involvieren. Sie sollten aber zumindest jeden Bereich, jede Abteilung über deren leitende MitarbeiterIn dafür sensibilisieren.

Welches Risiko steckt in diesem Problem?

Der Erfolg einer Software hängt (fast ausschließlich) von der Akzeptanz der AnwenderInnen ab. Wenn diese darin keinen Nutzen für sich sehen und/oder darin eine Behinderung ihrer täglichen Arbeit sehen, werden sie die Software auch nur unter Zwang benutzen. Eine denkbar schlechte Situation!

Sie investieren Geld und Mühen in die Digitalisierung der QM-Prozesse und wollen dafür einen Vorteil für Ihr Unternehmen, einen Nutzen, einen Gewinn! Das stellt sich aber alles nur ein, wenn die Software auch genutzt wird. Das ist nicht vergleichbar mit einem Buchhaltungsprogramm oder einer Warenwirtschaft. Ein eQMS ist darauf angewiesen, dass alle Anwender die Software freiwillig nutzen!

Wie können Sie vermeiden, dass in einer späten Projektphase noch Zweifel bei den AnwenderInnen bestehen?

Dem können Sie meiner Erfahrung nach nur entgegenwirken, 
wenn Sie die Verantwortlichen in den Bereichen bei der Entstehung des Lastenheftes mit einbeziehen, und es von ihnen verbindlich unterschreiben lassen. 

Hierbei geht es nicht um den formalen Akt der Unterschrift! Vielmehr die UnterzeichnerIn dazu auffordern, das Vereinbarte noch mal zu reflektieren, und sich dabei klar zu machen, welche Auswirkungen das Projekt haben wird.

Das Sie damit eine Art Vereinbarung mit den Betroffenen haben, auf die Sie sich als Projektverantwortlicher später berufen können, ist ein angenehmer Nebeneffekt.

Sie müssen also in Ihrem Lastenheft nicht nur beschreiben, welche Leistung die Software erbringen soll, sondern auch, welche Auswirkungen die Nutzung der Software auf die Arbeitsabläufe der einzelnen MitarbeiterInnen haben wird.

Das mag der längere Weg sein, aber er lohnt sich! Bedenken Sie bitte, dass Ihre „Nicht-QM-MitarbeiterInnen“ die Einführung eines eQMS eher als störend empfinden werden.

Zielsetzung

Bevor Sie anfangen können die Anforderungen zu beschreiben, oder die Bereiche und Abteilungen zu befragen, sollten Sie das Ziel des Projektes beschreiben.

ErreichungszieleWas soll erreicht werden?
Operative ZieleIn welchem Zeitraum soll das Ziel erreicht sein?
Welche Bereiche des QMS sollen digitalisiert werden?
BewahrungszieleWelche Funktionen/Abläufe sollen erhalten werden?
VermeidungszieleWas soll unbedingt vermieden werden?

Form

Ähnlich wie bei den Dokumentationen Ihrer Produkte, müssen Sie darauf achten, wer „am anderen Ende“ der Kommunikation ist. Sie werden die Bedienungsanleitung für die EndanwenderIn Ihrer Produkte nicht mit technischen Details für Reparaturen und Wartungen überfrachten.

Nach Innen wirksam

Neben den Zielen, muss das Lastenheft für die betroffenen MitarbeiterInnen auch verständlich beschreiben, welche QM-Prozesse zukünftig in welcher Weise digital unterstützt werden sollen. Dabei sollten Sie vor allem die Vorteile und den Nutzen für die tägliche Arbeit darstellen. Tiefgehende IT-technische Details sollten Sie in diesem Bereich weglassen.

Nach Außen wirksam

Ganz anders sieht der Teil für die Lieferanten aus. Denen müssen Sie jede einzelne funktionale Anforderung darlegen, und tiefer in die IT-Struktur einsteigen. Welche Elemente Ihres QMS sollen digital unterstützt werden, und welche Möglichkeiten soll die Software bieten. Welches Betriebskonzept Sie sich vorgestellt haben, also „Cloud“ oder „On Premise“. Wollen Sie das System „On Premise“ betreiben, müssen Sie definieren, welches Betriebssystem, welche Serverstruktur, welchen Benutzer-Client-Typ (Windows-App oder Web-Browser) Sie einsetzen wollen.

Besonders zu beachten sind die Anbindung auf Ihre vorhandenen Systeme (ERP, LIMS, etc.) und die Migration der bereits vorhandenen Dokumente (Technische Dokumentation, SOP, WI, etc.)

Bestandteile des Lastenheftes

Welche Bestandteile ein Lastenheft haben soll, können Sie zwar im Internet nachlesen, dort finden Sie aber wenig bis gar nichts zum Thema der Wirkung nach Innen. Daher stelle ich eine Gliederung, die aus meiner Sicht sehr nützlich ist, zur Verfügung.

Vorgehensweise

Vorbereitungen

Beginnen Sie damit, dass Sie den betroffenen Bereichen das Projekt und evtl. auch schon die geplanten Ziele vorstellen. Erklären Sie, welche Elemente des QM-Systems digitalisiert werden können/sollen und warum. Definieren Sie die Erwartungshaltung an die Bereiche, und verteilen Sie einen überschaubaren Fragebogen (mehr eine Wunschliste). Der Fragebogen zeigt schon konkret worum es geht, soll aber auch die Möglichkeit bieten, Wünsche der Bereiche aufzunehmen. So gewinnen Sie gute Erkenntnisse über die Positionen und Wünsche.

Nach Sichtung der Ergebnisse beginnen Sie mit den einzelnen Bereichen deren Ziele zu besprechen. Lassen Sie sich deren Wünsche erklären, und erarbeiten Sie daraus die konkreten Anforderungen. Hinterfragen Sie konkret deren Ziele, deren Nutzen durch eine eQMS, und deren Befürchtungen.

Nehmen Sie deren Ängste sehr ernst, 
denn daraus entstehen später die größten Widerstände.

Erster Entwurf

Prüfen Sie alle Ergebnisse und finden Sie Überschneidungen und Widersprüche. Je nach Ausmaß sollten Sie dies mit den Bereichen besprechen und wieder konkretisieren. Erstellen Sie, je nach Unternehmenskultur, alleine oder gemeinsam eine Risikoanalyse.

Erst nachdem Sie alle Ergebnisse zusammengetragen und überarbeitet haben, präsentieren Sie das Projekt und die Anforderungen den Betroffenen.

Präsentation

Stellen Sie die Ziele und Anforderungen vor. Gehen Sie auf den Nutzen und die Risiken ein. Nutzen Sie auch die Gelegenheit allen klarzumachen, dass sich durch die Digitalisierung spürbare Veränderungen ergeben werden.

Wenn Sie Bedenken spüren, die Sie in der Präsentation nicht ausräumen können, nehmen Sie diese auf, und besprechen sie mit den Verantwortlichen des betreffenden Bereiches.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten Sie ein Projektteam bilden. Im günstigsten Fall besteht das aus Vertretern der einzelnen Bereiche.

Verbindliches internes Lastenheft

Die Dokumentation dessen was Sie erarbeitet haben, inklusive der Wunschlisten und konkreten Anforderungen aller Bereiche, ergeben das interne Lastenheft. Lassen Sie es von allen Bereichen lesen, und machen Sie es durch deren Unterschrift zu einem verbindlichen Lastenheft. Damit haben Sie eine solide Grundlage zur Erstellung des externen Lastenheftes.

Externes Lastenheft

Hier wird es technisch, denn die Softwarelieferanten brauchen neben den vorgenannten Zielen und Absichten konkrete Leistungsanforderungen.

Fazit

  • Erst wenn Sie sich intern mit allen Betroffenen auf ein gemeinsames Ziel geeinigt haben, können Sie mit den konkreten Anforderungen die Lieferantenauswahl betreiben.
  • Analysieren Sie die Nutzenpotenziale der Anwender
  • Analysieren Sie die Risiken des Digitalisierungsprojektes
  • Stellen Sie den Lieferanten klare und erfüllbare Anforderungen
  • Übernehmen Sie nicht die Software-Leistungsbeschreibung als Lastenheft

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Management eines eQMS

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